Auskunftsberechtigte Arbeitnehmer und berichtspflichtiger Arbeitgeber nach der EUPTD

Anwendbares Recht vor allem in internationalen Unternehmensgruppen

Die Umsetzung der Entgelttransparenzrichtlinie (RL 2023/970/EU, EUPTD) in das deutsche Recht steht unverändert aus, wobei ein erster Entwurf des inländischen Umsetzungsgesetzes im vierten Quartal 2025 zu erwarten ist. Arbeitgeber-Unternehmen mit (Satzungs-) Sitz in Deutschland, die sich bereits mit der Umsetzung der EUPTD in das inländische Recht beschäftigen, haben in den vergangenen Monaten neben der Etablierung und/oder Fortschreibung der Entgeltstrukturen und der Pay Gap-Analysen u.a. eine Analyse der (voraussichtlichen) Adressaten des Entgelt-Auskunftsanspruchs des einzelnen Arbeitnehmers nach Maßgabe der Art. 5ff. EUPTD sowie der Berichtspflichten nach Maßgabe des Art. 9 EUPTD vorgenommen. Dies ist insbesondere für internationale Unternehmensgruppen mit Gruppenunternehmen und/oder Niederlassungen in EWR-Staaten sowie in Nicht-EWR-Staaten zu verzeichnen. 

Dieser Client Alert fasst die wesentlichen bisherigen Erwägungen zu den maßgeblichen Fallgruppen zusammen.

Aus deutscher Sicht werden die materiellen Regelungen der EUPTD zum Auskunftsanspruch voraussichtlich im Entgelttransparenzgesetz (EntgeltTG) umgesetzt werden (Fortschreibung des in der aktuellen Fassung der § 10ff. EntgeltTG bestimmten Auskunftsanspruchs). Die Umsetzung der Berichtspflichten könnte ebenfalls im EntgeltTG, gegebenenfalls in den bilanzrechtlichen Regelungen des HGB erfolgen. Hierzu wird der Gesetzgeber vor allem die gesetzlichen Regelungen der §§ 21ff. EntgeltTG zu den bereits aktuell bestehenden Berichtspflichten modifizieren.

Ausschließlich im Inland tätiges Unternehmen und ausschließlich im Inland tätige Unternehmensgruppe

Der Auskunftsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers (wie auch des einzelnen Stellenbewerbers) ist als gesetzlicher Anspruch arbeitsrechtlicher Natur. Für die die Vorgaben der Art. 5ff. EUPTD umsetzenden inländischen Gesetzesregelungen zum Auskunftsanspruch gilt das Territorialprinzip. Der Auskunftsanspruch beurteilt sich im Ausgangspunkt nach dem auf das Arbeitsverhältnis anwendbare Recht. Enthält der Arbeitsvertrag keine Rechtswahlklausel, wird der Auskunftsanspruch bei einem ausschließlich im Inland tätigen Unternehmen aus dem EntgeltTG folgen.

Die nach der Umsetzung des Art. 9 EUPTD in das inländische Recht zu beachtenden gesetzlichen Vorgaben zu den Berichtspflichten betreffen das öffentliche Arbeitsrecht und verpflichten Arbeitgeber, die von den Berichtspflichten erfasst werden (= im Fall der 1:1-Umsetzung der EUPTD in das inländische Recht alle Arbeitgeber mit mindestens 100 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern, unabhängig von der Rechtsform), zur Veröffentlichung der genannten Entgelt(transparenz-)daten. Erste Berichte sind je nach Arbeitnehmerzahl bis zum 7. Juni 2027 (≥ 150 Arbeitnehmer) bzw. 7. Juni 2031 (≥ 100 Arbeitnehmer) zu veröffentlichen.

Das für die Berichtspflicht anwendbare Recht folgt ebenfalls dem gesetzlichen Territorialprinzip. Maßgeblich ist dazu der (Satzungs-)Sitz des Arbeitgebers und bei ausschließlich im Inland tätigen Unternehmen ergeben sich die Berichtspflichten aus den inländischen EUPTD-Umsetzungsregelungen.

Die gesetzlichen Berichtspflichten folgen zudem dem Rechtsträger-Prinzip. Der gesetzlichen Berichtspflicht unterliegt der einzelne Arbeitgeber in seiner Rechtsperson und die konkreten Voraussetzungen für die Berichtspflicht beurteilen sich nach dem Regelungsinhalt des Art. 9 EUPTD in der Fassung des inländischen Rechts allein nach den maßgeblichen (quantitativen) Daten des einzelnen Arbeitgebers. Dies bedingt bei einer ausschließlich im Inland tätigen Unternehmensgruppe, dass sich im Fall einer 1:1-Umsetzung der Vorgaben der EUPTD in das inländische Recht die Anzahl der regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmer ausschließlich nach dem einzelnen Arbeitgeber-Rechtsträger beurteilt und insbesondere keine gruppenbezogene Zurechnung von Arbeitnehmern einzelner (Tochter-)Gesellschaften zur einzelnen Konzern(ober-)gesellschaft erfolgt.

Die Veranschaulichung dieser gesetzlichen Leitprinzipien für die Berichtspflicht soll an folgendem Beispiel 1 erfolgen: Die Hamburg Aronia Holding GmbH (HAG) mit Sitz in Hamburg) ist Konzernobergesellschaft der Hamburg Aronia-Gruppe (HAG-Gruppe). Sie beschäftigt regelmäßig 80 Arbeitnehmer. Eine weitere Konzerngesellschaft ist die Hamburg Aronia Vertrieb GmbH (HAV) mit Sitz in Hamburg (100 Arbeitnehmer). Die HAG unterliegt bei einer 1:1-Umsetzung des Art. 9 EUPTD in das EntgeltTG nicht der gesetzlichen Berichtspflicht; insbesondere sind ihr für die Beurteilung der Überschreitung des Schwellenwertes von mindestens 100 regelmäßig beschäftigten Arbeitnehmern nicht die Arbeitnehmer der HAV zuzurechnen. Die HAV unterliegt bei einer 1:1 Umsetzung der gesetzlichen Berichtspflicht ab 2031 und hat die maßgeblichen berichtspflichtigen Daten (allein) aus dem Kreis ihrer Arbeitnehmer zu validieren.

Die Verneinung der Zurechnung dürfte dabei – mit Blick auf den Transparenz-Zweck der Berichtspflicht - auch für (Konzern-)Unternehmen anzunehmen sein, die einzelne ihrer Betriebe arbeitsrechtlich als gemeinsamer Betrieb durchführen. Zudem haben sich nach dem Regelungsinhalt des Art. 9 EUPTD auch die berichtsrelevanten Daten jeweils auf den einzelnen Arbeitgeber-Rechtsträger zu beziehen und ist daher bei 1:1-Umsetzung der Vorgaben der EUPTD in das inländische Recht insbesondere keine konzernweite Berichterstattung durchzuführen. Damit unterscheidet sich die Berichtspflicht nach EUPTD deutlich von den Berichtspflichten der CSRD, die grundsätzlich eine (Teil-)Konzernberichterstattung vorsehen.

Mit Sitz aller Gesellschaften im Inland und ausländischen Niederlassungen

Die gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt sich auch in diesem Fall nach dem anwendbaren Recht.

Enthält der Arbeitsvertrag keine Rechtswahlklausel, hat die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen des Art. 8 Abs. 2 bis 4 VO 593/2008/EU (Rom I-VO) zu erfolgen.

Zur Veranschaulichung der in dieser Fallgruppe denkbaren Fallkonstellationen wird das Beispiel 1 zum Beispiel 2 fortgeschrieben: Die HAV betreibt neben dem (Satzungs-)Sitz in Hamburg Niederlassungen in Norwegen (Oslo) und in Marokko (Marrakesh).

Wird das Arbeitsverhältnis in der relevanten Niederlassung im EWR-Ausland durchgeführt, beurteilt sich der Auskunftsanspruch nach den dortigen die Regelungen der Art. 5ff. EUPTD umsetzenden inländischen gesetzlichen Regelungen des Tätigkeitsstaats (Art. 8 Abs. 2 und 3 Rom I-VO). Staaten aus dem Nicht-EWR-Ausland unterliegen nicht dem Anwendungsbereich der EUPTD und haben daher die Regelungen der Art. 5ff. EUPTD nicht in das inländische Recht umzusetzen.

Konkret im Beispiel 2: Der in der Niederlassung der HAV in Oslo tätige Arbeitnehmer kann den Auskunftsanspruch aus der Art. 7 EUPTD umsetzenden Regelung des norwegischen Umsetzungsgesetzes geltend machen. Der in der Niederlassung der HAV in Marrakesh tätige Arbeitnehmer hat keinen Auskunftsanspruch, da Marokko als EWR-Drittstaat nicht vom Anwendungsbereich der EUPTD erfasst ist und daher keine mit Art. 5ff. EUPTD korrespondierenden inländischen gesetzlichen Regelungen zu erlassen hat.

Enthält der Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel, beurteilt sich die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs nach dem arbeitsvertraglich bestimmten Recht nach Maßgabe des Art. 8 Rom I-VO.

Die Berichtspflichten ergeben sich mit Blick auf das Rechtsträgerprinzip auch in dieser Fallgruppe nach dem inländischen Recht. In den jeweiligen Bericht einzubeziehen sind in der Folge alle Arbeitnehmer der inländischen und ausländischen Niederlassungen (inklusive der Niederlassungen in Nicht-EWR-Vertragsstaaten.

Konkret im Beispiel 2: Die HAV hat für die Berichtspflicht sämtliche Arbeitnehmer und ihre Daten aus den Niederlassungen Hamburg, Oslo und Marrakesh zu berücksichtigen.

Die Aufbereitung der Entgeltdaten hat nach Maßgabe des Art. 9 EUPTD (und bei 1:1-Umsetzung in das inländische Recht) für den einzelnen Rechtsträger kumuliert zu erfolgen, eine differenzierte Darstellung der Entgeltdaten nach inländischen und ausländischen Niederlassungen ist aus gesetzlicher Sicht nicht erforderlich, ergänzend freiwillig jedoch möglich

Mit Sitz der Konzernobergesellschaft im Inland und Sitz von einzelnen weiteren Konzerngesellschaften in EWR-Drittstaaten

Die gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt sich auch in diesem Fall nach dem anwendbaren Recht.

Enthält der Arbeitsvertrag keine Rechtswahlklausel, hat die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen des Art. 8 Abs. 2 bis 4 VO 593/2008/EU (Rom I-VO) zu erfolgen.

Zur Veranschaulichung der in dieser Fallgruppe denkbaren Fallkonstellationen wird das Beispiel 2 zum Beispiel 3 fortgeschrieben: Zur HAG-Unternehmensgruppe gehört unter anderem auch die Hamburg Aronia Polska Sp.z.o.o. (HAP) mit Sitz in Warschau. Die HAP beschäftigt regelmäßig 300 Arbeitnehmer, davon 50 in ihrer Niederlassung in Berlin.

Die gesetzliche Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt sich gemäß dem Territorialprinzip nach dem Recht des relevanten Staates nach Maßgabe des Art. 8 Rom I VO. Dies betrifft alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers im Inland oder im (EWR-/Nicht-EWR-)Ausland.

Konkret im Beispiel 3: Der bei HAP in Warschau tätige Arbeitnehmer kann den Auskunftsanspruch aus der Art. 7 EUPTD umsetzenden Regelung des polnischen Umsetzungsgesetzes geltend machen. Der in der Niederlassung der HAP in Berlin tätige Arbeitnehmer kann den Auskunftsanspruch aus dem deutschen EntgeltTG geltend machen.

Enthält der Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel, beurteilt sich die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs nach dem arbeitsvertraglich bestimmten Recht nach Maßgabe des Art. 8 Rom I-VO.

Auch die Berichtspflichten ergeben sich mit Blick auf das Rechtsträgerprinzip nach dem auf den einzelnen Rechtsträger anwendbaren Recht.

Konkret im Beispiel 3: Die HAV hat die Berichtspflicht nach Maßgabe des deutschen Umsetzungsgesetzes zur EUPTD und die HAP hat die Berichtspflicht nach Maßgabe des polnischen Umsetzungsgesetzes zu erfüllen. HAP und HAV haben jeweils ausschließlich die bei ihnen beschäftigten Arbeitnehmer zu berücksichtigen und insoweit sind die in der Berliner Niederlassung der HAP beschäftigten Arbeitnehmer ausschließlich von der HAP in ihre polnische Berichterstattung einzubeziehen.

Mit Sitz der Konzernobergesellschaft im Inland und Sitz von einzelnen weiteren Konzerngesellschaften in Nicht-EWR-Drittstaaten

Die gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt sich auch in diesem Fall nach dem anwendbaren Recht.

Enthält der Arbeitsvertrag keine Rechtswahlklausel, hat die Bestimmung des anwendbaren Rechts nach Maßgabe des Art. 8 Abs. 2 bis 4 Rom I-VO zu erfolgen.

Zur Veranschaulichung der in dieser Fallgruppe denkbaren Fallkonstellationen wird das Beispiel 3 zum Beispiel 4 fortgeschrieben: Zur HAG-Unternehmensgruppe gehört unter anderem auch die Hamburg Aronia Dubai LLC (HAD) mit Sitz in Dubai. Die HAD beschäftigt regelmäßig 270 Arbeitnehmer, davon 10 in ihrer Niederlassung in Berlin.

Die gesetzliche Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs des einzelnen Arbeitnehmers beurteilt sich gemäß dem Territorialprinzip nach dem gemäß Art. 8 Rom I-VO anwendbaren Recht. Dies betrifft alle Arbeitnehmer, unabhängig vom Sitz des Arbeitgebers im Inland oder im (EWR-/Nicht-EWR-)Ausland.

Konkret im Beispiel 4: Der bei HAD an ihrem Sitz in Dubai tätige Arbeitnehmer hat keinen Auskunftsanspruch, da die VAE als EWR-Drittstaat nicht vom Anwendungsbereich der EUPTD erfasst sind und daher keine mit Art. 5ff. EUPTD korrespondierenden inländischen gesetzlichen Regelungen zu erlassen haben. Die in der Niederlassung der HAD in Berlin tätigen Arbeitnehmer können ihren Auskunftsanspruch aus dem EntgeltTG geltend machen, sofern dieses – wie zu erwarten – auch für Arbeitnehmer in Deutschland bei einem Arbeitgeber mit Sitz in einem EWR-Drittstaat gilt und keine abweichende wirksame Rechtswahlklausel vereinbart wurde.

Enthält der Arbeitsvertrag eine Rechtswahlklausel, beurteilt sich die Rechtsgrundlage des Auskunftsanspruchs nach dem arbeitsvertraglich bestimmten Recht nach Maßgabe des Art. 8 Rom I-VO.

Die Berichtspflichten ergeben sich mit Blick auf das Rechtsträgerprinzip nach dem auf den einzelnen Rechtsträger anwendbaren Recht.

Konkret im Beispiel 4: Die HAD hat keinen Bericht nach Maßgabe des Art. 9 EUPTD zu erstellen, da die VAE als EWR-Drittstaat nicht vom Anwendungsbereich der EUPTD erfasst sind und daher keine mit Art. 9 EUPTD korrespondierenden inländischen gesetzlichen Regelungen zu erlassen haben. Für die in der Niederlassung der HAD in Berlin tätigen Arbeitnehmer ist auch kein Bericht nach Maßgabe der Art. 9 EUPTD umsetzenden Regelungen des deutschen Umsetzungsgesetzes zur EUPTD zu erstellen.

Die Gesetzgebungsverfahren zur Umsetzung der Vorgaben der EUPTD in das jeweilige inländische Recht befinden sich in den meisten EWR-Staaten derzeit noch im Verfahrensstadium (s. zum aktuellen Überblick des Status Quo in den einzelnen Mitgliedstaaten auch unsere regelmäßig aktualisierten FAQ).

Eine abschließende Klarheit zum jeweils konkret anwendbaren Recht für den Auskunftsanspruch und für die Berichtspflichten werden Unternehmen v.a. im grenzüberschreitenden Unternehmensgruppen-Kontext nach dem Abschluss der jeweiligen Gesetzgebungsverfahren in den relevanten Mitgliedstaaten haben. Die finale Vergütungsgovernance zur rechtssicheren und zugleich bedarfsgerechten Implementierung der Auskunftspflichten und der Berichtspflichten ist dann mit der gebotenen rechtlichen Sorgfalt vorzunehmen. Wir geben zum Fortgang der jeweiligen Gesetzgebungsverfahren praxisrelevante Updates.

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