Strafzölle, Sanktionen und Embargos in Lieferverträgen (Teil I)

Unser Zweiteiler zu den Auswirkungen gegenwärtiger und ggf. zukünftiger Strafzölle sowie Sanktionen und Embargos auf europäische Unternehmen in Bezug auf die Durchführung von internationalen Lieferverträgen.

In der aktuellen globalen Wirtschaftslage sind Unternehmen immer öfter auch mit vertraglichen Fragestellungen rund um das Zoll- und Außenwirtschaftsrecht konfrontiert. Besonders relevant sind hier gegenwärtig die Auswirkungen von US-amerikanischen Strafzöllen und der sichere Umgang mit den Folgen von Sanktionen und Embargos . Betroffenen Unternehmen möchten wir in zwei Teilen zu dieser Thematik einen ersten Überblick geben. Im Folgenden I. Teil gehen wir darauf ein, wer in Lieferbeziehungen die wirtschaftlichen Kosten etwaiger Strafzölle trägt und wie man diesen am besten begegnen kann.

I. Wer trägt die Strafzölle?

Vor dem Hintergrund der weiterhin durch die US-Administration verursachten Unsicherheiten in Bezug auf künftig geltende Strafzölle, u.a. Im Handelsstreit mit der EU, in welchem die Frist zur Einigung am 9. Juli 2025 ausläuft, stehen Unternehmen mit Geschäftsbeziehungen in den USA vor der Frage, wer die Strafzölle trägt. Das in Deutschland oder einem anderen Land ansässig Unternehmen oder der z.B. in den USA ansässige Geschäftspartner.

Aufschluss können – wie so häufig – die vertraglichen Abreden zwischen den Parteien geben.

1.) INCOTERMS® 2020 wurden vereinbart

Unternehmen legen ihren Vereinbarungen regelmäßig die Bedingungen der INCOTERMS® der ICC zu Grunde. Diese Handelsklauseln können unter anderem festlegen, wer für den Transport der Ware verantwortlich ist und wer die Kosten für anfallende Zölle zu tragen hat. Häufig einigen sich die Parteien auf eine Lieferung EXW (Ex Works). Diese Klausel ist für Verkäufer besonders vorteilhaft, da sie diesen die geringsten Pflichten auferlegt. Denn der Lieferort ist üblicherweise das Werk des Verkäufers. Dies führt dazu, dass der Käufer, bspw. ein US-amerikanischer Geschäftspartner, alle weiteren Kosten der Lieferung ab Werk des Verkäufers tragen muss, also auch etwaige Strafzölle. Anders stellt sich dies hingegen dar, wenn sich die Parteien auf eine Lieferung DDP (Delivery Duty Paid) geeinigt haben. Das heißt, dass der Verkäufer dem Käufer die Ware verzollt und entladebereit am vereinbarten Bestimmungsort bereitstellen muss. Der Verkäufer muss also sämtliche Kosten bis zur Ablieferung der Ware beim Verkäufer am vereinbarten Bestimmungsort selbst tragen. Hierunter fallen dann auch etwaige Strafzölle bei Lieferungen in die USA. Unabhängig von diesen beiden Beispielen sollte die Verwendung von Handelsklauseln der INCOTERMS® aber auch hinsichtlich ihrer sonstigen möglichen Regelungsgehalte stets sorgfältig geprüft werden.

2.) Keine Regelung vorhanden

Sofern keine Bezugnahme auf die INCOTERMS® erfolgt ist und auch sonst keine Regelungen im Hinblick auf die Kostentragungspflicht von Zöllen getroffen worden sein, gilt (jedenfalls nach deutschen Recht) im Zweifel gemäß § 448 Abs. 1 BGB, dass „der Verkäufer […] die Kosten der Übergabe der Sache [trägt], der Käufer die Kosten der Abnahme und der Versendung der Sache nach einem anderen Ort als dem Erfüllungsort.“ Das heißt, dass der Verkäufer bis zur Übergabe der Ware alle Kosten trägt und der Käufer dementsprechend die Kosten der Abnahme und die Kosten der Versendung der Ware an einen anderen Ort als an den Erfüllungsort übernehmen muss. Dies kann insbesondere bei Versendungskäufen (§ 447 BGB) dazu führen, dass der Käufer für Strafzölle aufkommen muss, sofern diese als Transportkosten bewertet werden. Jedenfalls die juristische Literatur vertritt weitegehend einhellig, dass Zölle Transportkosten darstellen. Eine ausdrückliche Entscheidung des BGH liegt hierzu allerdings bisher nicht vor; ausdrücklich anerkannt als Transportkosten hat der BGH lediglich die „unmittelbar transportbedingten Sachaufwendungen für Porto, Verpackung und gegebenenfalls Versicherung des Kaufgegenstands“ (BGH, NJW 2019, 47 [50]).

II. Weitere Gestaltungsmöglichkeiten

1.) Preisanpassungsklauseln

Grundsätzlich ist bei der Gestaltung von Preisanpassungsklauseln das in Deutschland geltende Preisklauselgesetz bei der Gestaltung zu berücksichtigen, auch bei Individualvereinbarungen. Zudem sind auch die AGB-rechtlichen Vorgaben bei der Gestaltung von Preisanpassungsklauseln zu berücksichtigen.

In der Praxis sind vor allem drei Arten von Preisanpassungsklauseln verbreitet: Preisvorbehaltsklauseln, Kostenelemente- bzw. Indexklauseln und Spannungsklauseln.

Preisvorbehaltsklauseln eröffnen dem Verwender einen Ermessensspielraum bei der Erhöhung oder Senkung des Preises. Der Verwender muss dabei jedoch die Grenzen der Billigkeit beachten und sachliche Gründe für etwaige Preisänderungen nachweisen können. Kostenelementeklauseln erlauben es dem Verwender, den geschuldeten Betrag proportional zur Entwicklung bestimmter Kostenelemente, wie Material- oder Lohnkosten, anzupassen. Alternativ kann ein Kostenindex (z.B. der Verbraucherpreisindex) für die Preisanpassung herangezogen werden. Spannungsklauseln ähneln den Kostenelementeklauseln; sie beziehen sich jedoch auf die Preisentwicklung eines anderen, vergleichbaren Produkts.

Soweit hingegen lediglich ein Recht zur turnusmäßigen (Neu-)Verhandlung der Preise vorgesehen wird, stellt sich häufig die Problematik, dass die Parteien keine Rechtsfolge für den Fall des Scheiterns der Preisverhandlungen vorgesehen haben. Daher sollten Parteien Rechtsfolgen für das Scheitern der Preisverhandlungen vorsehen. Zudem sollten Parteien die Kündigungsmöglichkeiten im Blick zu behalten, um für den Fall, dass sich die Parteien nicht auf einen Preis einigen können, als letzte Konsequenz eine Loslösungsmöglichkeit von dem Vertrag, bspw. in Form eines ordentlichen Kündigungsrechts, zu haben.

2.) Force Majeure-Klauseln

Force Majeure-Klauseln werden vereinbart, um Parteien dann vor einer Haftung zu schützen, wenn der Vertrag aufgrund von höherer Gewalt nicht mehr erfüllt werden kann. Daher werden in der Klausel selbst regelmäßig Ereignisse wie Kriege, Naturkatastrophen, Terroranschläge sowie Währungs- und Handelsbeschränkungen, Embargos und Sanktionen aufgeführt.

Strafzölle fallen jedenfalls unter Heranziehung der von der International Chamber of Commerce (ICC) im Jahr 2020 veröffentlichten Musterklausel für internationale Verträge nicht ausdrücklich unter den Tatbestand der höheren Gewalt. Ausdrücklich genannt werden Währungs- und Handelsbeschränkungen, Embargos und Sanktionen. Demnach wird jeweils im Einzelfall unter Heranziehung der konkreten Force Majeure-Klausel zu bewerten sein, ob die Strafzölle unter die konkret vereinbarte Force Majeure-Klausel fallen. Sofern eine Force Majeure-Klausel zwischen den Parteien erst vereinbart werden soll, kann versucht werden Strafzölle zur Vermeidung von Unklarheiten ausdrücklich aufzunehmen.

3.) Hardship-Klauseln

Darüber hinaus besteht die Möglichkeit sog. Hardship-Klauseln zu vereinbaren. Anders als Force Majeure-Klauseln führen Hardship-Klauseln dazu, dass die Leistungspflicht der Parteien aufrechterhalten bleibt, aber für den Fall des Eintritts unvorhergesehener und das vertragliche Gleichgewicht erschütternder Beeinträchtigungen ein Recht zur Vertragsanpassung besteht, um das Ungleichgewicht zu beseitigen. Dies kann beispielsweise, als Nachverhandlungsrecht gestaltet werden. Sofern ein Nachverhandlungsrecht vereinbart wurde, sollten die Parteien allerdings den Ablauf der Verhandlungen sowie eine Rechtsfolge für das Scheitern der Nachverhandlungen vorgesehen. In Betracht kommt etwa die Vereinbarung eines Zurückbehaltungsrechts, welches entweder bereits während der Nachverhandlungen oder bei dessen Scheitern eingreifen könnte. Zudem wäre das Scheitern der Nachverhandlungen möglichst konkret zu definieren. Zur Vermeidung der Unwirksamkeit eines Zurückbehaltungsrechts sind zudem immer die AGB-rechtlichen Vorgaben zu berücksichtigen. Ohne die Vereinbarung von Rahmenbedingungen und eine Rechtsfolge kann sich ein Nachverhandlungsrecht hingegen „als zahnloser Tiger“ erweisen. Daneben sind, wie bei Preisanpassungsklausel, die Kündigungsmöglichkeiten von den Parteien im Blick zu behalten.

III. Gesetzliche Regelungen

1.) Leistungsverweigerungsrecht, § 275 Abs. 2 BGB

Zudem könnte (wiederum bei Anwendbarkeit deutschen Rechts) erwogen werden, ob der Verkäufer bei Strafzöllen die Leistung gemäß § 275 Abs. 2 BGB verweigern kann. Die Leistung kann gemäß § 275 Abs. 2 BGB dann verweigert werden, „soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht.“ Mithin muss eine grobe Unverhältnismäßigkeit zwischen den Kosten und dem Nutzen bestehen. Nicht relevant ist allerdings das Verhältnis zwischen dem für die Leistungserbringung erforderlichen Aufwand des Verkäufers zu dem Wert der Gegenleistung, weshalb Strafzölle regelmäßig kein Leistungsverweigerungsrecht des Verkäufers gem. § 275 Abs. 2 BGB auslösen.

2.) Störung der Geschäftsgrundlage, § 313 BGB

Eine Störung der Geschäftsgrundlage liegt vor, wenn sich die Umstände, die die Parteien der vertraglichen Vereinbarung zu Grunde gelegt haben, nach Vertragsschluss und unter Berücksichtigung der jeweiligen Risikoverteilung schwerwiegend verändert haben. Dann ist der Vertrag von den Parteien anzupassen. Ein Rücktritt bzw. eine Kündigung aufgrund der Störung der Geschäftsgrundlage kommt allerdings nur in Betracht, wenn einer Partei das Festhalten am Vertrag unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalles nicht zugemutet werden kann.

Soweit der Verkäufer verhängte Strafzölle tragen muss, drängt sich die Frage auf, ob die Verhängung von Strafzöllen im Zeitpunkt des Vertragsschlusses unvorhersehbar war. Dies wird maßgeblich vom Zeitpunkt des Vertragsschlusses abhängen. Die Trump-Administration hat bereits in der ersten Amtszeit das Instrument der Strafzölle verwendet. Ob die Verhängung von Strafzöllen einer US-Administration seitdem unvorhersehbar war, dürfte daher zumindest fraglich sein. Denn insbesondere die Rechtsprechung stellt sehr hohe Anforderungen an das Kriterium der Unvorhersehbarkeit. Gegen eine Unvorhersehbarkeit von Strafzöllen könnte zudem sprechen, dass die EU unter anderem als Reaktion auf die erste Trump-Administration die Verordnung (EU) 2023/2675 vom 22. November 2023 über den Schutz der Union und ihrer Mitgliedstaaten vor wirtschaftlichem Zwang durch Drittländer (sog. Anti-Coercion-Instrument) erlassen hat, um künftig auf Strafzölle und ähnlichen wirtschaftlichen Zwang reagieren zu können.

Schlussendlich wird im konkreten Einzelfall zu beurteilen sein, ob die Störung der Geschäftsgrundlage bejaht werden kann oder nicht.

3.) Befreiung von der Leistungspflicht, Art. 79 CISG

Nach UN-Kaufrecht (CISG) bietet auch Artikel 79 CISG eine Entschuldigung für die Nichterfüllung, wenn der Betroffene nachweisen kann, dass diese auf einem Hindernis beruht, das nicht von ihm zu vertreten ist und das er vernünftigerweise nicht vorhersehen, vermeiden oder überwinden konnte. Wie bei der Regelung des § 313 BGB stellt die Rechtsprechung auch hier oft hohe Anforderungen an das Vorliegen der Voraussetzungen von Artikel 79 CISG. Ob Strafzölle der US-Administration tatsächlich nicht vorhersehbar sind, ist eine komplexe Frage, die von den Absichten der Parteien bei Vertragsabschluss abhängt. Grundsätzlich dürfte es, wie bereits zu § 313 BGB dargestellt, sehr schwierig sein, die Unvorhersehbarkeit der Strafzölle zu begründen. Dennoch sollte auch hier jeder Einzelfall gesondert bewertet werden.

IV. Empfehlung und Ausblick

Die Ausführungen machen deutlich, dass insbesondere Fragen rund um den Umgang mit Strafzöllen in Bezug auf Lieferbeziehungen auch aus vertraglicher Sicht sorgfältig Berücksichtigung finden sollten. Daher sollten betroffene Unternehmen sicherstellen, dass ihre Lieferverträge schuldrechtlich durchdachte Regelungen enthalten, um Risiken zu minimieren und eigene unternehmerische Interessen möglichst wirksam verfolgen zu können.

In diesem Kontext ist es für Unternehmen auch unerlässlich, die Einhaltung der zunehmenden Bestimmungen zu Embargos und Sanktionen im Blick zu behalten. Auf diese Bestimmungen zu Embargos und Sanktionen sowie auf die Folgen von etwaigen Verstößen gehen wir in unserem zweiten Teil dieses Beitrages ein.

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