Das COVID-19-Abmilderungsgesetz ermöglicht es Vereinen, virtuelle Mitgliederversammlungen durchzuführen. Unser Beitrag zeigt auf, was es hierbei zu beachten gilt.
Üblicherweise sieht die Satzung eines Vereins eine jährliche stattzufindende Mitgliederversammlung vor. Nach herrschender Meinung ist diese Mitgliederversammlung grundsätzlich in der Form einer Präsenzversammlung durchzuführen. Nun sind seit Mitte März 2020 Präsenzzusammenkünfte und –veranstaltungen entweder gar nicht oder nur unter erschwerten Bedingungen zulässig und durchführbar.
Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht – COVID-19-Abmilderungsgesetz – beinhaltet unter anderem Erleichterungen für Versammlungen und Beschlussfassungen von Vereinen. Art. 2 § 5 Absatz 2 des Gesetzes erlaubt es dem Vorstand, auch ohne Ermächtigung in der Satzung
Alternativ erlaubt § 32 Absatz 2 BGB eine Beschlussfassung im Umlaufverfahren, wenn alle Mitglieder schriftlich ihre Zustimmung zu dem Beschluss erklären. Das COVID-19-Abmilderungsgesetz sieht auch insoweit Erleichterungen vor. So kann abweichend von § 32 Absatz 2 BGB derzeit nach Art. 2 § 5 Absatz 3 des Gesetzes wirksam ein Beschluss im Umlaufverfahren gefasst werden, wenn alle Mitglieder beteiligt wurden, bis zu dem vom Verein gesetzten Termin zur Stimmabgabe mindestens die Hälfte der Mitglieder ihre Stimmen in Textform abgegeben haben und der Beschluss mit der erforderlichen Mehrheit gefasst wurde.
Aufgrund der Formvorschriften erscheinen die Briefwahl sowie die Beschlussfassung im Umlaufverfahren wenig praxistauglich. Daher soll im Folgenden auf die virtuelle Mitgliederversammlung eingegangen werden. Diese war bisher nur möglich, wenn die Satzung eine entsprechende Ermächtigung vorsah oder alle Vereinsmitglieder zustimmten.
Das COVID-19-Abmilderungsgesetz gilt jedoch nur für Versammlungen und Beschlüsse im Jahr 2020, so dass ohne eine entsprechende satzungsmäßige Grundlage oder die Zustimmung aller Mitglieder nur bis zum 31.12.2020 eine virtuelle Mitgliederversammlung abgehalten werden kann. Das Gesetz enthält eine Verlängerungsoption bis zum 31. Dezember 2021.
Auf was ist nun konkret zu achten, wenn man als Vorstand eine virtuelle Mitgliederversammlung abhalten möchte?
Es ist eine Plattform auszuwählen, die die Kommunikation zwischen den Versammlungsteilnehmern und dem Versammlungsleiter in Echtzeit ermöglicht. Um Anfechtungsrisiken zu minimieren, erscheint eine Bild- und Tonübertragung in Echtzeit als die sicherste Variante. Entsprechend sollte sich der Vorstand zunächst mit den verschiedenen Konferenzsoftware-Lösungen beschäftigen und festlegen, welche Software-Lösung ihm für seinen Verein am geeignetsten erscheint. Die großen Anbieter für Videokonferenzen sind ZOOM, Skype und Microsoft Teams. ZOOM und Skype bieten zum Beispiel auch die Möglichkeit, sich per Telefon einzuwählen. Jedoch ist der Verein nicht dazu verpflichtet, eine Kommunikation auf jede erdenkliche Weise anzubieten. Technische Störungen bei der Teilnahme stellen nach überwiegender Meinung keinen Anfechtungsgrund dar.
Für die Einberufung der virtuellen Mitgliederversammlung gelten weiterhin die in der Satzung vorgesehenen Formalien und Fristen.
Das COVID-19-Abmilderungsgesetz sieht keine Ausnahme von der Mitteilung eines Versammlungsortes bei dem Abhalten einer rein virtuellen Mitgliederversammlung vor. Insoweit soll aber die physische Präsenz des Versammlungsleiters am Versammlungsort genügen. Entsprechend sollte der Vorstand vorab klären, wo sich der Versammlungsleiter zum Zeitpunkt der Mitgliederversammlung aufhält und diesen Ort zum Versammlungsort bestimmen.
Darüber hinaus sind den Mitgliedern am besten mit der Einladung die Details der virtuellen Mitgliederversammlung mitzuteilen, so vor allem die Einwahldaten und gegebenenfalls ein persönliches Passwort. Weiterhin sollte das Prozedere der Teilnahme und die Ausübung ihrer mitgliedschaftlichen Rechte erläutert werden.
Vereinsmitglieder haben ein Recht auf Teilnahme an Mitgliederversammlungen sowie ein Rede-, Informations- und Stimmrecht.
Eine effektive Wahrnehmung der Mitgliedschaftsrechte ist durch die Eröffnung einer Kommunikationsmöglichkeit untereinander sowie mit dem Versammlungsleiter in Echtzeit gewahrt. Dies ist auf jeden Fall durch Abhalten einer Videokonferenz gegeben, in welcher die Mitglieder Fragen stellen oder sich allgemein äußern können. Bei einer großen Teilnehmerzahl kann der Vorstand Fragen und Redebeiträge vorab anfordern und diese dann in bestimmten festgelegten Zeiträumen während der Versammlung aufnehmen. Alternativ kann ein Rederecht auch zum „Schreibrecht“ werden, wenn Mitglieder sich per Chat austauschen können.
Die in der Satzung vorgesehenen Abstimmungsmodalitäten gelten auch für die virtuelle Mitgliederversammlung. Eine Abstimmung per Handzeichen in die Kamera wird jedoch nur in den wenigsten Fällen praktikabel sein. Gerade bei einer großen Teilnehmerzahl und zahlreichen Abstimmungen ist die Nutzung einer Abstimmungssoftware anzuraten. Die Konferenzsoftware ZOOM beinhaltet ein entsprechendes Tool.
Gerade bei virtuellen Mitgliederversammlungen darf die Dokumentation nicht vernachlässigt werden. Dies gilt vor allem, wenn man Satzungsänderungen oder eine Änderung im Vorstand eintragen lassen möchte, da diese Dokumentation bei dem zuständigen Registergericht einzureichen ist. Erforderlich sind eine Teilnehmerliste sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung mit den entsprechenden Beschlüssen.
Die verwendete Konferenzsoftware sollte die Möglichkeit vorsehen, nach Abhalten einer virtuellen Mitgliederversammlung eine umfassende Anwesenheitsliste herunterladen zu können. Die Anwesenheitsliste sollte auch genau Auskunft darüber geben, wer wie lange in der Versammlung eingewählt war. Wird eine Abstimmungssoftware genutzt, sollte zusätzlich zu der Anwesenheitsliste noch eine Liste mit den entsprechenden Abstimmungsergebnissen heruntergeladen werden können. Ansonsten sind die Abstimmungsergebnisse händisch zu erfassen und in dem Protokoll aufzuführen, welches später durch die Vorstände in satzungsmäßig vorgeschriebener Zahl zu unterzeichnen ist.
Über die Konferenzsoftware ZOOM kann sowohl eine Liste der Teilnehmer als auch der Abstimmungsergebnisse heruntergeladen werden. Beim Aufsetzen der Konferenz ist darauf zu achten, dass die entsprechenden Felder angekreuzt werden, um diese Funktionen später nutzen zu können. Am besten testen der Vorstand oder die zuständigen Mitarbeiter die Funktionen im kleinen Kreis vorab.
Das COVID-19-Abmilderungsgesetz regelt nicht ausdrücklich, was für den mehrköpfigen Vorstand eines Vereins und dessen Sitzungen gelten soll. Zwar verweist § 28 BGB für die Beschlussfassung eines mehrköpfigen Vorstands auf die für die Beschlüsse der Vereinsmitglieder anwendbaren Vorschriften der §§ 32 und 34 BGB, so dass man annehmen könnte, dass das COVID-19-Abmilderungsgesetz auch für Vorstandssitzungen herangezogen werden kann. Dies ist jedoch nicht unumstritten. Beschließt der Vorstand allerdings einstimmig, seine Zusammenkünfte virtuell abzuhalten, steht einer virtuellen Vorstandssitzung nichts im Wege.